#BeethovenUndWir lautete das Motto des diesjährigen Kammermusikfestivals der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, das im Frühjahr 2020 stattfinden sollte – doch dann kam die Covid-19-Pandemie und ein gemeinsames Live-Musizieren wurde unmöglich. Das Institut für Kammermusik der Hochschule wollte dennoch dafür sorgen, dass Ludwig van Beethoven und seine Musik im großen Jubiläumsjahr gebührend gefeiert werden. Dazu organisierten sich die Studierenden kurzerhand per Zoom, griffen zum Handy und erstellten kleine Video-„Snippets“ zum Thema, die sie anschließend zu einem Film zusammenfügten. Dieser wird nicht als abgeschlossenes Produkt präsentiert, sondern in einem ganz eigenen Format, in dem die Grenzen zwischen dem Analogen und dem Digitalen verschwimmen: Akteur*innen werden mit dem Film spielen, aus ihm aussteigen, ihn anhalten oder das Gesehene ins Jetzt holen – und Beethoven so in einem völlig neuen Licht dastehen lassen.

Aufführendes Ensemble:

#kamm_over_beeth_oven (Hannover)

Clarinet Cabaret ist eine spannende und farbenfrohe Auseinandersetzung mit dem theatralischen und elektronischen Repertoire für Soloklarinette. Durch die einzigartige Einbeziehung des Publikums, einschließlich der Verwendung von Mobiltelefonen zur Schaffung einer ganz eigenen Klanglandschaft, lädt diese Aufführung die Zuhörenden zu einer Reise durch kaleidoskopartige Sounds und lebendige Farben ein. Solist Oliver Shermacher verbindet in dem Programm seine Leidenschaft für Theater und Kabarett mit dem Klarinettenspiel und schafft dabei auch völlig neue Verbindungen zu den Technologien des 21. Jahrhunderts.

Aufführender Künstler:

Oliver Shermacher (Freiburg)

Das Wort Mosaik leitet sich von „Musen“ ab, den personifizierten Inspirationsquellen der Künste im alten Griechenland. Und so, wie es unterschiedliche Musen für die verschiedenen Bereiche der Kunst gibt, hat sich auch das Trio aus Stelina Apostolopoulou, Marijn Seiffert und Clara Baesecke in vielfältigen Bereichen des weiten Spektrums der Musik nach Musen umgesehen. Die Ergebnisse dieser Suche verbinden sie mit ihren eigenen Ideen, und so lassen viele kleine bunte Steine ein farbenfrohes und kontrastreiches Mosaik aus Musik, Tanz, Sprache und Performance entstehen: Amuse*d. Zu erleben gibt es hier unter anderem Klänge, Rhythmen und Worte aus bulgarischen Volksliedern, spanischer Renaissance-Vokalmusik, griechischen Gedichten, Flamenco oder Jazz. Alle erstrahlen in der Besetzung Gesang, Violine, Violoncello und Stepptanz in ungewohntem Licht, mal als bloßes Zitat, an anderer Stelle als Basis für freie Improvisation oder in gecoverter Form. Auf der Bühne verwandeln sich die drei Künstlerinnen letztendlich selbst in die Musen für ihr Publikum. Amuse*d ist die Einladung zu einem inspirierenden Abenteuer quer durch vielfältige Traditionen, technische Innovationen und nicht zuletzt amüsante Interpretationen.

Aufführendes Ensemble:

Ensemble Mosatrïc (Berlin)

,,Der Gefangene hob die Hand, sah aber nichts. Es gab keinen Unterschied zwischen Tag und Nacht. Dunkelheit ist vor allem Dunkelheit.“[Auszug aus Quang Hong Nhan Nguyen: THE HELL IS REAL]

Menschenrechte – Glaube – Gefängnis – Hoffnung: Das sind die Themenkomplexe, mit denen sich das Ensemble NEO BIG BANG in ihrer bedrückend aktuellen Performance THE HELL IS REAL (THIR) auseinandersetzen.

Quang Hong Nhan Nguyen, Vater der Pianistin Quang Hong An Nguyen, ist Autor und Menschenrechtsaktivist. Seine Textsammlung THE HELL IS REAL, die während seiner 20-jährigen Inhaftierung unter der kommunistischen Diktatur Vietnams entstand und neben Beobachtungen aus dem Gefängnisalltag auch psychologische, theologische und philosophische Perspektiven auf die Gefangenschaft beinhaltet, bildet die Grundlage der gleichnamigen Performance von NEO BIG BANG. Quang Hong An Nguyen und ihr Ensemble verknüpfen dabei klassische und zeitgenössische Musikstücke mit szenischen Darstellungen und Rezitationen;  Bachchoräle verstärken die Impressionen aus den Texten oder bilden bewusst gesetzte Kontraste mit Themen wie Gebet, Glaube und Hoffnung – denn der in Bachs Werken immer präsente, tiefe Glaube hat auch den Autor in seiner Haftzeit getragen. Als Kontrast zu Bachs unumstößlichen, protestantischen Kompositionen erklingt auch Neue Musik. Den stärksten Gegensatz bildet dabei wohl das das Konzert eröffnende Werk, das von Quang Hong An Nguyen komponierte Klavierstück „Ephata“.

Aufführendes Ensemble:
NEO BIG BANG (Nürnberg)

Im klassischen Lied steht die ‚Mädchenblume‘ für das Schöne, Reine, Stille – wo doch „I’ve my flower“ einer von unzähligen Euphemismen für die Menstruation ist. Mit diesem Thema werden Frauen jedoch hinter verschlossenen Badezimmertüren allein gelassen; der Menstruationszyklus – kulturgeschichtlich der Ursprung des Lebens – bleibt ein gesellschaftliches Tabu. Alexandra Vildosola konzipiert ein innovatives Konzertformat über den Dialog der Rose, gemimt von Sopranistin Mara Maria Möritz. Das Publikum tritt in die Klang- und Rauminstallation einer menstruationsfreien Tamponwunderwelt ein. In vier Teilen ‚Erblüht‘, ‚Bedecke d/mich‘, ‚Verblüht‘ und ‚Yes we bleed‘ entwickelt sich aus einem Liederabend ein Gespräch: über Menarche, Schamgefühl, übergriffige Gesellschaft, feministischer Aktivismus und dazwischen eine mystische Selbsterfahrung. Das Streichquartett, bestehend aus Laura Ion, Myriam Geßendorfer, Lilia Rubin und Kiara Konstantinou, begleitet die Sängerin nicht nur in Liedern von Schubert bis Strauss. Klassisches Lied trifft auf Jazz, elektronische Komposition und Improvisation. In einem inspirierenden Abend wird klassische Musik zur Botschafterin einer neuen Frauenfigur.

„Oops! I dropped my seeds“ ist eine Kompositionsreihe der chinesischen Komponistin Duoni Liu, mit der sie zeitgenössische Kunst aus dem gewohnten Vorstellungsrahmen herauslöst und einen interaktiven Diskurs zwischen Künstler*innen, Publikum und Stadt schafft. Für diese Reihe fertigt die Komponistin eine graphische Partitur an, welche auf dem Grundriss einer ausgewählten Strecke beruht, die sich über mehrere Gassen, Plätze, Straßen einer Stadt oder Räumen eines Ortes bzw. Gebäudes erstreckt. Der Verlauf dieser Strecke wird Künstler*innen aus unterschiedlichen kreativen Bereichen kommuniziert, denen jeweils ein ausgewähltes Stück der Route zugeteilt wird. Die Ergebnisse werden in einer interdisziplinären Performance umgesetzt. Das Publikum erhält ebenfalls eine Version der graphischen Partitur und nutzt sie während der Aufführung im Raum als eine Art „Karte“: Es erfährt nun die unterschiedlichen Auslegungen der Partitur, reagiert und wird somit in die Performance integriert. Das Projekt entstand aus dem Wunsch heraus, zeitgenössische Kunst in einem weniger „hochkulturellen“ Rahmen zu präsentieren und dem Publikum unmittelbar erfahrbar zu machen, im Gegensatz zum etablierten Format des Konzerts in seiner sehr kontrollierten und geschlossenen Umgebung.

Aufführendes Ensemble:

Oops! (Köln)

„Skin:be[neath/yond]“ ist eine multimediale, improvisatorische Performance. Es ist die künstlerische Ausdrucksform zweier technisch versierter Pianist*innen, die nach neuen Wegen des Musikmachens suchen. Mit einem Klavier, einigen Synthesizern und einer durch Künstliche Intelligenz gesteuerten visuellen Projektion stellt das Duo das Akustische und das Elektrische, den Fluss der Improvisation und die falsche Beständigkeit der festen Komposition sowie die beiden Sinne des Hörens und Sehens gegenüber.

Aufführendes Ensemble:

Natyra Elezi & Samuel Cho (München)

Die Performance „Neues Düsseldorfer Modell“ (NDM) von Vincent Stange nutzt stilistische Merkmale der Minimal Music, um hierarchische Strukturen zu hinterfragen. Wie können Gemeinschaft und Individualität gleichzeitig erfahrbar gemacht werden? Wann wird Individualität zum Problem? Das Publikum von NDM bewegt sich zusammen mit Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die jeweils ein Instrument spielen, im Raum. Die Musikerinnen und Musiker performen dabei musikalische Patterns, die sie individuell auswählen. Alle Patterns sind beliebig kombinierbar und durch die Dienstgradabzeichen der Bundeswehr inspiriert. Erfährt das Individuum – Musiker*in und Zuhörer*in – im Spiel die Gleichzeitigkeit von Selbstbestimmung und Gemeinschaft? Zusammen mit Patrick Arnold und Philipp Reimann komponierte Vincent Stange die 24 Patterns für die Performance. Sie untersuchten dazu die Komposition „In C“ von Terry Riley und übersetzten die Dienstgradabzeichen der Bundeswehr in musikalische Parameter.

Aufführendes Ensemble:
Ausbildungsmusikkorps der Bundeswehr (Düsseldorf)

In den Jahren 1898 bis 1901 wurde das Kraftwerk Bille als Kohlekraftwerk der Hamburgischen Electricitäts-Werke  errichtet und ging am 15. August 1901 ans Netz. Die Liegenschaft überstand als eines der wenigen Gebäude im Hamburger Osten die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg und stellt im heute industriell geprägten Stadtteil Hammerbrook ein seltenes historisches Zeugnis dar.

Nach mehreren Umbauten wurde das Kraftwerk seit 1955 verschieden genutzt. In den 1970er Jahren siedelten sich dort unterschiedliche kleine Betriebe, u.a. Künstlerateliers, Lagerflächen und Fotostudios an.

Eine Zeit lang erwog Vattenfall das Gebäudeensemble abzureißen; jedoch gelang es 2011 das Kraftwerk Bille unter Denkmalschutz zu stellen. 2015 wurde das Ensemble an die MIB Coloured Fields GmbH verkauft, die neben einer Sanierung der bestehenden Gebäude einen Neubau plant. Entstehen soll eine Nutzungsmischung aus Büro, Atelier, Veranstaltung, Gastronomie, Produktion und Hotel und ein kreatives Quartier.

Website des Spielorts:
Kraftwerk Bille

Adresse:

MIB Kraftwerk Bille GmbH
Bullerdeich 12-14
20537 Hamburg
 

 

 

Direkt am Fernbahnhof Hamburg-Altona unweit der Elbe befindet sich die Alfred Schnittke Akademie International. Die private Musikakademie, beheimatet in einer hanseatischen Villa aus dem 18. Jahrhundert, ist seit 2009 von der Kulturbehörde anerkannt und bietet Aus- und Weiterbildung in klassischer und zeitgenössischer Musik an. Inhaltlicher Schwerpunkt ist der „Individuelle Studienplan“, der den Studierenden eine persönliche und intensive Ausbildung ermöglicht. Die alte Stadtvilla bietet außerdem Raum für Konzerte, Meisterkurse und eine Vielzahl anderer kultureller Veranstaltungen.

Website des Spielorts:
Schnittke Akademie

Adresse:

Alfred Schnittke Akademie International
Max-Brauer-Allee 24
22765 Hamburg